Kitchener Items "Made in Portugal"
Was die portugiesische Textilindustrie einzigartig macht, ist die Tatsache, dass alle Segmente der Wertschöpfungskette in der nördlichen Region um Braga und Porto zu finden sind, diese Konzentration von „Know How“, die örtliche Nähe und die damit verbundenen kurzen Wege verschafft ihr einen grossen Wettbewerbsvorteil.
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In Portugal existieren etwa 6000 Unternehmen, die in allen Teilsektoren, vom Spinnen, zum Färben hin zur Stoffherstellung und Konfektion für die Textilindustrie tätig sind. Die portugiesische Textilindustrie geht bis ins 18. Jahrhundert zurück, als die Baumwoll- und Leinenhersteller:innen die Fähigkeit und Technologie entwickelten, Qualitätskleidung zu niedrigeren Kosten als die meisten ihrer europäischen Kolleg:innen herzustellen.
Auch wir lassen seit längerer Zeit einen Teil unserer Kitchener Items Linie im Norden von Portugal produzieren. Gerne würden wir alles hier produzieren, aber unsere Mengen zu klein für Portugal.
Wir nehmen diese Reise zum Anlass, unseren Produktionsbetrieb zu besuchen. Gespannt machen wir uns auf dem Weg entlang der Küste ins Herz der Textilproduktion Portugals, um eine moderne Textilproduktion aus der Nähe kennenuzulernen und aus erster Hand zu erfahren, wie sich der Textilmarkt in den Jahren nach Corona, als vermehrt wieder in Europa produziert wurde, verändert hat.
Vor Ort werden wir von Sara empfangen, die für unsere Produktion verantwortlich ist. Sie führt uns zu den Frauen, die an Nähmaschinen an einer Produktion von Pullovern arbeiten. Die Textil Konfektion ist grösstenteils eine weibliche Profession erzählt Sara. Rundherum wird zugeschnitten, verpackt und Qualität kontrolliert.
Die Auftragslage sei sehr gut, erzählt Sara, aber es sei schwer gute Leute zu finden. Die jungen Portugiesinnen und Portugiesen wollen nicht mehr in der Textilindustrie arbeiten. Immer mehr Betriebe müssen wegen Personalmangel schliessen. Der Preisdruck sei hoch und kleine Produktionen wie unsere, seien kaum mehr wirtschaftlich zu realisieren. In der Halle nebenan wird Stoff auf grossen Rundstrick-Machinen hergestellt. Ein eindrückliches Bild, die grossen Maschinen zu sehen, die unter anderem den gestreiften Jersey Stoff für unsere T-Shirts herstellen. Sie erinnern uns ein bisschen an Aliens. In der grossen Halle stehen etwa 20 dieser Maschinen.
Auf unserem Rundgang erzählt uns Sara, dass hier vor dem Beginn des Kriegs in der Ukraine, im Gegensatz zur Konfektion, Schichtbetrieb herrschte. 24 Stunden am Tag sei hier produziert worden. Diesen Teil der Produktion hätten sie in den letzten Jahren stark ausgebaut. Heute laufen hier nur noch zwei der Maschinen. Seit Kriegsbeginn sei die Nachfrage zusammengebrochen, erzählt sie. Wieso, weiss sie nicht, sie ist in der Konfektion drüben tätig und kennt sich hier nicht so gut aus. Sie vermutet, die gestiegenen Kosten hätten wohl viele Unternehmen dazu gebracht, wieder vermehrt in Asien oder China zu produzieren.
Bilder Raffael Waldner